Als ich das perfekte chinesische Grenzgebäude verlasse – Alex fährt mit der Minna draußen dran vorbei – sieht das erste mongolische Grenzgebäude gleichziemlich chic aus.
Dann fahren wir rüber zum Immigration Office, das ist deutlich schäbiger. Eine Polizistin, die mich drinnen englisch sprechen hört, – ich muss Alex, der draußen in der Minna wartet, den Pass zurückbringen – fragt mich auf englisch ob ich ihr helfen könnte. Sie zeigt mir einen von ihr bearbeiteten Text von William Somerset Maugham „Theatre“ und diskutiert mit mir die Bedeutung von zwei ihr unverständlichen Vokabeln. Sie studiert Englisch nebenbei.…
Wieder drinnen haben die netten mongolischen Beamten ein Problem mit meinen Visavorstellungen. 30 Tage ist ok. Ich brauch aber 3 Tage mehr, da wir erst am 15.6. nach Russland rüber können. Eine exzellent englisch sprechende Chinesin mit mongolischem Begleiter mischt sich ein. Beide klären die Situation. Wir holen uns in Ulan Bator eine Visumsverlängerung. Alle sind erleichtert. Die Chinesin – Christy – und ihr Mann wollen auch nach Ulan Bator. Eigentlich aber zügig an die europäische Grenze, um sich ein Visum für Frankreich zu holen. Die Franzosen geben drei Monate. Dann schauen sie sich Europa an. Wir fahren zusammen! Klappt dann doch nicht, da sie keinen internationalen, sondern nur ihren chinesischen Führerschein haben…
Ich raus aus dem Gebäude auf der anderen Seite und warte auf die Minna. Es dauert. Und dauert. Ich bewundere inzwischen die uralten, verbeulten, überladenen, russischen Geländewagen. So überladen, dass die Beifahrer eher im Fußraum hocken. Wenn sie anspringen, dann eher auf 3 Zylindern. Angefahren wird in dem Gang, der noch funktioniert. Fehlende Windschutzscheiben fallen auf. Überschlag?? Ich mach mir so meine Gedanken über die Straßen in der Mongolei.
Alex und die Minna kommen. Erstmalig seit bald 30.000 km ist die Minna nicht sofort angesprungen! An der Grenze, eine Autoschlange hinter sich! Nicht die Schuld der Minna.
Alex’ Sicherheitsgurt hat den nachträglich montierten Batterietrennschalter abgerissen. Alex hat die Batterieklemmen zwischen den beiden Batterien mit der Rohrzange provisorisch überbrückt und ist los…
Wir fahren los, die Russenjeeps sind weg. Wohl direkt in die Wüste abgebogen?
Der erste kleine Grenzort Zamy Uud hat einen Supermarkt mit Käse! Und deutscher Leberwurst! Und braunes festes Landbrot! Wir sind glücklich! Im Handy-Laden kaufe ich problemlos eine mongolische Telefonkarte. Nur kann ich Alex nicht anrufen. Niemand spricht Englisch. Eine Frau, die wartet, holt ihr Handy raus, telefoniert mit dem Anbieter, telefoniert mit meinem Handy, tippt, telefoniert. Alles klappt. Und sie geht…
Beim Losfahren gelangen wir auf eine Schotterpiste. Uns schwant Böses. Bis wir die geteerte zweispurige Straße nach Ulan Bator erreichen. Sand gibt’s hier. Da hilft schon ein Abwasserrohr auf dem Luftansaugpunkt.
Wir fahren weiter Richtung Nordwesten. Interessante Kühe. Kenn ich die Rasse?
Eine Polizeikontrollstation. Ein laute dicke (!) Polizistin, die unsere Pässe sehen will. Wir treffen die Chinesen wieder. Die Polizistin macht ihnen Ärger, will sie festhalten. Wir tauschen Telefonnummern. Inzwischen haben wir zwei Mongolen eingeladen. Mitgenommen zu werden scheint üblich zu sein. Sehr nett. Er ist Diskjockey in UB.
Weiter geht’s. Ein großes Kameltor: Welcome to Mongolia. Ein Anruf von Christy. Wir haben unsere Pässe bei der Polizistin gelassen. Ihr Mann ist schon hinter uns. Die Polizistin läuft zur Hochform auf. Will alle Ausweise, Carnets de Passage sehen. Lässt die Mongolen aus unserem Auto aussteigen. Nach vielem Hin und Her dürfen wir fahren, die Chinesen plötzlich auch. So durchqueren wir die Gobi gemeinsam, sie mit ihrem chinesischen 4×4 voraus.
Schneereste.
Nun erleben wir 250 km Wüste Gobi. Nichts. Oder: Weite, Himmel, Wolken, Pferde, grünes Land, Kamele, erste Jurten.
Saynshand. Ein kleiner Ort. Holzhäuser. Wohnsiedlungen. Ein Hotel mit kleinem Laden im Erdgeschoss. Einfach. Eine Ampel! Im Hotel ein Zimmer mit hochmodernem Bad und kaltem Wasser für zwei Euro. Es gibt eine öffentliche Dusche mit Friseur und Unmengen heißem Wasser. Wir schwelgen! Dann findet sich noch ein erstaunlich gutes Restaurant. Ein sehr netter Abend.
Morgens frühstücken wir zu Viert in der Minna. Und fahren weiter durch die Gobi.
Es wird viel abgebaut in der Gobi. Die Wüste ist reich an Mineralien. Nicht jeder Abbau ist legal.
Weiter Gobi. Der Wind pfeift mächtig. Eine Kuh mit 2 Kälbern an der Straße. Ein Reiter. Vereinzelte Jurten in der Weite. Kleine Siedlungen im Sand. Holzhäuser mit bunten Wellblechdächern, Jurten und Zäunen.
Die Telefonmasten sind unten einbetoniert.
Ein schönes, verloren wirkendes Haus.
Christy und Kevin werden von ihren Freunden am Stadtrand schon erwartet. Vielleicht treffen wir uns in Deutschland wieder.
Leider fahren die australischen Overlander, die nach Dänemark zur Hochzeit wollen, schon am nächsten Tag weiter. Jenny und Des sind in unserem Alter. Des hat das hydraulisch austeleskopierbare Wohnteil des kleinen 4×4-LKWs selbst gebaut. Alex und er verstehen sich prächtig. Jenny und ich tauschen Adressen. Wer weiß?
Wir sind glücklich in der Mongolei angekommen zu sein. Kein Zeitplan, kein Guide. Wir haben schon mehr Mongolen getroffen, die englisch sprechen, als Chinesen in dem ganzen letzten Monat!
Und wir hatten wieder Erlebnisse, haben Menschen getroffen.
Wir werden einen wunderbaren Monat hier verbringen. Mal sehen!