Am Nachmittag fahren wir entspannt auf die Grenzstation zu.
Warum wollen wir eigentlich nach Murmansk?
Schon auf der Strecke vom Nordkap über die Nebenstraßen nach Murmansk stellten wir erfreut die abnehmende Zahl an Wohnmobilen fest. In Kirkenes trafen wir dann nur noch vereinzelte Norweger an. Und in Russland erhoffen wir uns nun etwas Abenteuer, dass wir auf der bisherigen Strecke – gepflegt, sicher, perfekte Straßen und Rastplätze – nicht gefühlt haben. Nun ja, kulturelle Highlights erwarteten wir eher nicht. Aber wir wsind dann halt mal dagewesen.
Die norwegische Grenzkontrolle wird zügig absolviert, Namkhas EU-Impfpass zu Kenntnis genommen und wir fahren nach 10 Minuten auf die russische Kontrollstelle zu. Gleich ein paar Soldaten, rote Ampeln. Wir werden mit Hund in das Kontrollhäuschen geschickt. Ein paar Russen mit Einkäufen vor uns. Wir haben ja erfahren, dass Norweger und Russen, die in einem Umkreis von 30 km wohnten, die Grenze jederzeit ohne Visum passieren können.
Als wir dran sind, gibt es etliche Papiere auszufüllen, was wir nach besten Wissen und Gewissen tun, aber der Grenzbeamte ist immer wieder nicht zufrieden damit. Also noch mal. Dann kommt die Veterinärkontrolleurin, verschwindet mit Namkhas Ausweis, wir fülten immer wieder neue Papiere aus, erfahren, dass Namkha als Ware zu deklarieren ist und können schließlich nach 2 Stunden losfahren. Freundliche Zollbeamten!
Die Straßen ist ziemlich gut, die Landschaft überrascht uns nicht unbedingt. Sie sah schon die letzte Zeit in Norwegen so aus. Es ist mal wieder Abend.
Wir halten an einem Rastplatz mit kleinem Lokal, an dem sich offensichtlich die Bevölkerung der für uns nicht erkennbaren Orte unterhält. Wir gehen rein, fragen ob wir mit norwegischen Kronen bezahlen könnee und wurden von der charmanten (!) Dame hinter der Theke auf das Kartenzahlgerät hingewiesen, dass auch meine Kreditkarte nimm.
Wir gönnen uns Borschtsch-Suppe, Kartoffelbrei mit Fisch und zwei russische Biere. Mit „spassiba“ klappt alles sehr gut. Hinter der Minna steht ein alter Ural-Laster und weitere Oldtimer-Baumaschinen.
Tundra.
Noch 76 km bis Murmansk, 1396 km bis Sankt Petersburg.
Unseren Tee nehmen wir in lauschiger, aber wohl typisch russischer Umgebung: Müll, alte Autoreifen.
Wir kommen in einem großen Kriegsdenkmal vorbei. Es wird nicht das letzte sein und es ist beeindruckend, wie Russland seiner 20 Millionen Toten des Zweiten Weltkrieges gedenkt.
Vor uns liegt Murmansk am Kolafjord. Murmansk ist die größte Stadt nördlich des Polarkreises mit über 300.000 Einwohnern. Sie liegt auf halber Strecke zwischen Moskau und dem Nordpol und ist erst 1916 als Nachschub-Hafen im Ersten Weltkrieg entstanden.
Hierliegt die russische Nordmeerflotte mit den berühmten Atom-U-Booten und Eisbrechern, die wir wohl eher nicht zu sehen bekommen werden. Als wir uns der Stadt nähern, fallen uns die vielen Schuppen auf, die offensichtlich als Lager genutzt werden.
Diese riesige Stadt ist umgeben von unendlichen Wäldern. Sie ragt mitten aus ihnen hervor, davor eine neue Kirche. Wir gehen in den Supermarkt, kaufen uns Kwas und Smetana. Lecker!
Dieser Schneepflug vor der Eisenbahn lässt vermuten, dass es hier ziemlich schneit im Winter.
Wir fahren durch die Stadt. Überall Hinweise auf Fotografierverbot. Auf Russisch, aber wir verstehen es mal so. Wir sehen moderne Geschäfte, es scheint hier alles zu geben. Die Stadt wirkt etwas heruntergekommen, aber viel belebter, als die norwegiscchen Städte. Kein Wunder bei den Einwohnerzahlen. Ein Mann spricht uns an, als wir irgendwo parken. Er hat die Iran- und Türkei- Aufkleber auf der Minna gesehen und redet dann von Aserbeidschan. Er sieht wie einer aus.
Wir fahren hoch zu der gigantischen Soldatenstatue, die schon von weitem sichtbar und 34 m hoch ist. Ein schöner Blick über die Stadt.
Wir wollen ca. 200 km südwestlich von Murmansk nach Finnland reinfahren. Unterwegs sehen wir am Straßenrand einen Grader, bei dem die Einstellung des Planierschildes mit der Hand erfolgt.
Das übliche Bild der Landschaft. Ca. 100 km vor der finnischen Grenze ein Schlagbaum. Ein Soldat kommt raus, lässt sich unsere Pässe zeigen, telefoniert, geht ins Häuschen. Ein Offizier kommt raus und fragt „Finnland?“. Wir bejahen. „Nix Finnland. No border. Back to Kirkenes!“ Oh nein! Nicht zurück nach Murmansk! Sie zeigen uns jedoch eine Abbiegung, die direkt nach Nikel kurz vor der norwegischen Grenze führen soll. Spassiba! Sie waren sehr freundlich! Also wieder nach Norden und ein bisschen westlich.
Wir lassen Namkha laufen. Der Wald ist herbstlich bunt. Moos- oder Moorbeeren.
Unterwegs eine runtergekommene Trafostation von 1969
Die Straßen sind äußerst unterschiedlich. Oft in Wartestellung für die Vollendung, genau wie diese Brücke. Und weiter Tundra.
Wir fahren durch einen kleinen Ort und sehen ein Friedhof, bei dem wir nicht genau erkennen, wer zuerst da war. Die Gräber oder die Bäume.
Wir haben seit einiger Zeit ein kleines Problem bei der Minna. Unter dem linken Dieseltank sehen wir immer wieder ein paar Tropfen. Einer der drei Anschlussschläuche muss undicht sein. Um das Problem zu beheben, muss der ganze Tank abgebaut werden, eine dreckige Arbeit, die ohne eine Werkstattgrube schwierig ist. Als wir nach Nikel reinfahren, sehen wir einen LKW-Hof.
Wir schauen mal rein und entdecken wir erwartet einige Hinterhofwerkstätten. Es ist Samstag nachmittag. Ich mache meine Übersetzer-App auf, wo ich mir Begriffe wie Tankanschluss undicht auf Russisch schon vorbereitet habe. Wir gehen auf einen älteren Mann zu, der an einem Auto repariert und versuchen, ihm unser Problem vermitteln. Alex erklärte mit Händen und Füßen. Die zündende Idee von Alex: ich rufe meine Schwägerin Christiane an, die ja ausgewiesene Russisch-Lehrerin ist! Schließlich haben wir sie an der Strippe, erklären das Problem und reichen den Hörer weiter. Eine andere regte russische Unterhaltung beginnt. Danach ist alles klar. Die Minna wird rückwärts in eine Heilung über die Grube gewunken, der Mann steigt mit einem zweiten in die Grube, Alex wirft sich auf ein Stück Pappe daneben und dann wird gearbeitet.
Neben der Minna hinten an der Wand entdeckt Alex einen Hallenkran, dessen letzte technische Kontrolle 2001 war….
Als man fertig zu seinen scheint, kommt wieder Christiane ins Spiel. Sie bestätigt, was Alex schon befürchtet hat: der ältere Mann will gar nichts für die Reparatur! Er wünscht uns eine gute weitere Reise. Wir bedanken uns sehr und fahren in die Stadt, um auf Christianes Vorschlag hin eine Flasche Wodka für ihn zu besorgen.
Im Einkaufsladen an der Straße mit Blick auf Lenin mit Hintergrund frage ich vor dem riesigen Wodkaregal einen Russen mit Händen und Füßen, ob er mir eine Sorte empfehlen kann. Er spricht Englisch! Und empfiehlt mir den teuersten Wodka, den er auch immer trinkt. Nur das Beste für unseren Werkstatt-Retter! Der sträubt sich zwar, als Alex sie ihm bringt, aber freut sich doch. Und wir uns auch. Danke, Schwägerin!
Weiter geht es zur nahen Grenze. Bei der russischen Kontrolle fehlt mir plötzlich das Wareneinfuhrpapier von Nahmka. Wir drehen unsere Taschen und die Minna um. Die Grenzbeamtin iwrd ungeduldig und vorwurfsvoll. Sie hat das Orginal in ihren Unterlagen vorliegen. Nach angestrengter Suche unsererseits gibt sie ihrerseits schließlich auf und winkt uns durch. Ab zur norwegischen Kontrolle. Alles läuft zügig ab, da Namkhas Echinococcus-Behandlung von vor drei Tagen in Kirkenes noch ausreicht. Nur habe ich leider vorher nicht das Veterinäramt dort angerufen, damit jemand zur Kontrolle rauskommen kann. Wir warten gemütlich in der Minna – schon hinter dem Schlagbaum… Der Tierarzt kommt auf die Minna zu und begrüßt uns auf deutsch! Er hat in Hannover studiert. Die Welt ist ja so klein! Wir gehen in sein Büro, unterhalten uns sehr nett. Ich bestelle noch Grüße an die Kollegin. Er bringt das gestempelte Papier selber ins Kontrollhäuschen und wir können fahren.
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